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Narcoleptic PowerBook

So nennt man das Symptom eines aus heiterem Himmel einschlafenden und oft nur widerwillig auch wieder aufwachenden PowerBooks. Oftmals geht es soweit, dass das Book wirklich alle 5 Sekunden wieder einschläft. Ein Arbeiten wird somit unmöglich. Warum hatte ich damit zu tun? Ganz einfach: Das PowerBook meiner Schwester hatte eben dieses Problem. Nach einem bisschen Google-Recherche stellten wir fest, wir sind nicht allein.
Beispiele hier, hier, hier, hier und hier.

Aber woher kommt das? Die Erklärung ist fast ein bisschen zu einfach:
Einer der Temperatursensoren in den betroffenen PowerBooks, eigentlich immer der unter dem Touchpad, ist kaputt und liefert immer mal wieder oder eben dauerhaft viel zu hohe Temperaturwerte. Diese wiederum veranlassen den zuständigen Controller-Chip zu glauben, das halbe Book würde schon in Flammen stehen und als Resultat daraus wird eine Art Not-Abschaltung eingeleitet. Also geht es wieder aus. Hat der Sensor gerade mal Bock auf echte Temperaturangaben, dann lässt es sich auch wieder einschalten, anderenfalls nicht.
In dem Fall hier lieferte der Sensor meist garkeine Werte mehr und eben nur manchmal die Falschen. Es kann aber bei euch auch sein, dass er die korrekten Werte anzeigt und nur manchmal unmerklich oben rausschießt. Ihr könnt das mit irgend einem Temperatur-Tool prüfen. Zum Beispiel mit iStat Menues.

Welche Books betriffts?
Mir ist es bislang nur von G4 PowerBooks bekannt. Hier hauptsächlich die Aluminium PowerBooks. Dort aber querbeet. Daher unterscheiden sich oft auch die Bilder vom Innenleben, da das Phänomen ja verschiedene Revisionen überspannt.
In diesem konkreten Fall wars ein PowerBook G4 15″ mit 1,67 GHz.

Aber nun, was tun?
Erstmal alles andere ausschließen und die komplette Ich-helfe-meinem-Apfel-selbst-Äktschen durchmachen, sprich:
Rechte Reparieren, Volume reparieren, PRAM und NVRAM-Reset und den PMU-Reset. Wenn auch der PMU-Reset nichts hilft und euch die Kiste immer noch andauernd wegpennt, ist es mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit der kaputte Temperatursensor.
Wie gewöhne ich dem Sensor das Spinnen ab? Ich schicke ihn einfach in den Ruhestand in dem ich ihn aus dem Rechner entferne. „HUCH DA DRIN? ENTFERNEN? DAS GEHÖRT DA DOCH HIN!! UND WIE KOMM ICH DA ÜBERHAUPT REIN UND SOWIESO…“ keine Angst. Funktioniert. Im Gegensatz zu dem kaputten Sensor. Was kaputtes brauchen wir da drin nun wirklich nicht. Das PowerBook meiner Schwester läuft seitdem wieder einwandfrei. Trotzdem aber vorweg:

Wenn ihr noch Garantie auf der Kiste habt (eher unwahrscheinlich) oder wenn euer Apple Care noch läuft (schon eher möglich), dann lasst das am besten den Apple-Service machen. Ihr verliert beim öffnen des Books selbstverständlich jegliche Garantieansprüche. Gibts die sowieso nicht mehr, kann man es wagen. Trotzdem passiert das alles auf eigene Gefahr. Ich habe euch nicht dazu angestiftet!
Aber wir verstehen uns, nichtwahr? Ihr wisst ja wie es ist: Einmal zu viel Kraft, mit dem Schraubenzieher abgerutscht und plötzlich ist noch viel mehr im Eimer.

Ihr wollt nun also das Unglücksdingens da rausholen? Aber wisst nicht wie ihr da reinkommt? Erstmal ein ordentliches Backup aller Daten machen, man weiß ja nie. Danach kanns aber losgehen. Rein da! Aber wie? Kein Problem: ifixit.com hilft. Für das 15″ Powerbook zum Beispiel hier. Aber Vorsicht, hier gibt es auch drei unterschiedliche Versionen, abhängig vom verbauten Prozessor und dem Bluetooth-Chipsatz. Man kann auf der Seite aber auch nach der Seriennummer eures Books suchen, dann wisst ihr ganz genau, welcher Guide für euch gut ist. Was ihr braucht, sind die „Free Fixit Guides“ und darin den Part „Upper Case“. Das sagt euch, wie ihr den Deckel runter bekommt. Das passende Werkzeug, zumindest die entsprechenden schraubendreher (Kreuzschlitz und Torx) wären sehr hilfreich. Der gut sortierte Baumarkt eures vertrauens hat dermaßen viel davon, dass er welche verkaufen muss.
An dieser stelle ein kleines Beileid an diejenigen, die ein G4 PowerBook 15″ 1,5 GHz mit Bluetooth 1.1 öffnen müssen. Es geht, aber es ist ein mords Müll. Ihr braucht viel Geduld, da der Deckel an einer Metall-Lasche wirklich verdammt fest hängt. Ich musste so eins nämlich auch schonmal öffnen. ;)

Aber schreiten wir zur Tat.
So sah das dann bei mir aus (PowerBook G4 15″ mit 1,67 GHz, Low-Res):

Chaos 1Chaos 2Deckel von untenNoch näher...Ganz nahFreue Platz

Der kaputte Sensor ist sehr klein und befindet sich immer in der Nähe des Touchpads. Meist auch im Bereich dieses Flachbandkabels. Trotzdem unterscheidet sich seine genaue Position von Revision zu Revision. Was scheinbar bei allen Revisionen gleich ist, ist die Bezeichnung „U1“ in der Nähe.
Wie bekommt ihr aber nun das Teil weg?

Zu allererst, bevor ihr da irgendwo reifasst, am besten noch bevor ihr überhaupt das gehäuse öffnet, Erdet euch! Die Pros haben da so ein Erdungsarmband, bei den normalos tuts auch der beherzte Griff an den Heizkörper oder eben an irgendwas geerdetes. Wasserhahn oder so. Danach dann eben nicht mehr großartig rumlaufen oder mit den Füßen auf dem Boden scharren, ne is klaar?

Jetzt aber los, nur womit?
Nun, man kann da mit nem Lötkolben dran. Im normalfall ist aber die Spitze eures Lötkolbens um einiges größer als der komplette Sensor. Bei dem solltet ihr aber eigentlich nur seine 5 Füßchen ablöten, nicht gleich alles totschmelzen. Was besser funktioniert, so war es zumindest bei mir, ist der Cutter. So ein Messerchen, ihr kennt es, das man so ausfahren und einzelne stückchen von wegbrechen kann. Sowas hier.
Damit kann man recht einfach die einzelnen Füßchen wegklippen und danach den kleinen Sensor-Chip rausheben.
Aber Vorsicht, egal ob mit Lötkolben oder Cutter, passt sehr genau auf, was ihr da tut. Ihr arbeitet auf der Rückseite des Touchpads, meist direkt auf dem orange-braunen Flachband-Leiterkabel, über den auch andere, wirklich wichtige Dinge laufen. Zum Beispiel das gesamte Touchpad, der Einschaltknopf und bei manchen Revisionen auch die Tastatur. Wenn ihr da zu weit oder zu tief schneidet, oder mit eurem Lötkolben die halbe Umwelt davonschmelzt, dann ist danach nicht mehr viel mit PowerBook benutzen. Daher immer schön vorsichtig agieren und vielleicht nicht gleich alles an Kraft einsetzen, was euch zu Verfügung steht. Dann klappt das auch.
Wenn ihr das Teil raus habt, klebt am besten was über die überbleibsel. Also die Kontakte,an denen der Sensor mal saß. Ein Streifen Tesa oder besser Isolierband. Nicht das da noch irgendwas drankommt und dadurch nen Kurzschluss verursacht wird. Wollen wir ja nicht. Und jetzt müsst ihr nur noch die Kiste wieder zusammenbauen und euch daran freuen, dass sie nicht mehr andauernd wegpennt.

Nun allen Mut zusammennehmen ein herzliches TSCHAKKA in die Welt rufen und ab ans Werk. Ich wünsch euch viel Glück. Und nicht abschrecken lassen. Ist einfacher als es sich anhört. Eure Ergebnisse dürft ihr sehr gerne in den Kommentaren kund tun.
TSCHAKKA!

Discussion

11 Responses to “Narcoleptic PowerBook”

  1. Öffenen darf man die Dinger für HDD- und RAM-Austausch schon. Auch während der Garantie. Nur ergänzend dazu…

    Floh

    Posted by Floh | 18. Juni 2009, 16:55
  2. PowerBooks musste man noch nicht komplett öffnen um den RAM zu tauschen. Da gab es unten noch ne extra Klappe. Und so kompliziert wie bestimte PB-Modelle zu öffnen waren, glaube ich nicht das da ein HDD-Wechsel vorgesehen war. Da hat man gerne mal zwei Stunden rumgewurstelt, bis die Kiste mal offen war.

    Posted by alex | 18. Juni 2009, 22:52
  3. Hab´s vor einer Woche gemacht und hat super funktioniert – seither läuft und läuft und läuft das PB wieder!
    Vielen Dank für deine Anleitung!
    Dan

    Posted by Dan | 20. September 2009, 22:39
  4. Ich habe heute meinen Sensor raus operiert und alles fuktioniert bis jetzt. Nur bei mir war der Sensor (U1) direkt auf dem Logic Board verlötet. Ich hoffe es war der Richtige. Aber wie gesagt, alles läuft und das PB geht nicht dauernd in den Standby. Ich habe das Alu G4 1,5 GHz 15″.

    Posted by Mike | 23. Dezember 2009, 17:32
  5. Freut mich, dass dein Book wieder läuft, Mike. Dass es den Sensor auch direkt auf dem Logic-Board gibt war mir jetzt auch neu. Aber da sieht man mal, er kann recht verstreut sein da drin. Wenn dein Book nicht mehr andauernd einschläft war es wohl der richtige… ;-)

    Posted by alex | 23. Dezember 2009, 22:07
  6. Hallo Alex,
    vielen Dank für Deine tolle Anleitung.
    Ich hab gelötet, unter nem gebauten Ständer mit Nikon-Normalobjektiv drauf, damit man auch was sieht. (Geht auch für Brillenträger). Hab einen mittelgroßen Lötkolben auf 0mm Spitze gefeilt, und dann los. Erst die zwei einzelnen Beinchen, mit nem Holzzahnstocher drunter zum hochhebeln, dann hochgebogen und von der Bauchseite des Chips die anderen drei Beinchen, dabei die ersten beiden gleichzeitig durch dazwischenfahren (kenn ich doch irgendwoher), dann das dritte. Das Tastaturflachbandkabel an der Topcaseplatine wieder anzuclipsen war das schwierigste. Hinweis dazu: Es ist kein normaler Klemmstecker wie woanders, sondern er wird erst 90° nach oben in die kleinen Löcher eingefädelt und dann erst nach unten geklappt und klemmt dadurch. Dabei habe ich mit einem zugeschnittenen Stück Zeichenkarton direkt am Flachband gegengehalten, damit es beim Umklappen nicht wieder herausrutscht. Fertig, angesteckt und läuft.
    Vielen Dank und viele Grüße, Micha

    Posted by mich.ag | 30. September 2010, 00:32
  7. Oh mann, ich bin vielleicht glücklich :-) :-)

    Posted by mich.ag | 30. September 2010, 00:35
  8. Hey Micha,
    sehr geil, da freut sich ja einer richtig ;-)
    Cool, das es geklappt hat und die Mühle wieder läuft.
    Man trennt sich von den Teilen ja immer sehr ungern.
    Hab auch noch ein PowerBook rumliegen, bei dem es leider das Circuit-Board weggeschmort hat. Trennen kann ich mich allerdings nicht so ganz davon… ;-)

    Viele Grüße
    vom Alex

    Posted by alex | 30. September 2010, 15:25
  9. Eine tolle Anleitung, ist übertragbar auf das Powerbook G4 17 zoll.
    Eine Lupe ( oder Kamera mit Makroobjektiv ) ist aber hilfreich, der Sensor ist wirklich winzig, mit bloßem Auge habe ich nicht gesehen, wo ich eigentlich sägen soll.
    Vielen Dank,
    Ralf

    Posted by ralf | 12. August 2011, 20:21
  10. yesss! einer neuer rechner seit heute mittag!
    dieses kleine rotzding ;-)

    vielen dank!
    micosch

    Posted by Micosch | 25. Februar 2012, 13:42

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